Eine Krippe auf kreativer Erlebnistour
Kunst, Religion und Architektur sind Themen auch für junge Kinder, wenn wir es schaffen, sie auf ihre Erfahrungswelt herunterzubrechen, sie spürbar und erlebbar machen. Über ininspirierende Ausflüge zum Kölner Dom berichtet Birgit Schmitz aus der Caritas Kita Ferrenbergstraße.
Beim Schmökern in einem Bildband über Köln entstand bei unseren Jüngsten, der altersgemischten Gruppe von Ein- bis Dreijährigen, der Wunsch, Köln und den Kölner Dom zu besuchen. Bergisch Gladbach, wo sich unsere Kita befindet, liegt nur 20 S-Bahn-Minuten von Köln entfernt. Der Wunsch war also erfüllbar. Aber zunächst wollten wir die Kinder auf den Ausflug vorbereiten.
Ein Buch von Köln wurde zu einem Fotosafari-Bildband umfunktioniert. Jedes Kind, das wollte, suchte sich ein Bauwerk aus, um es bei unserem Besuch in Köln zu entdecken. Dann fuhren wir mit der Bahn über die »kribbelige« Brücke in Köln ein und begannen unsere Expedition. Die Kinder entdeckten den »Zirkus« (Musical Dome), »Isabells großen Turm« (den Triangelturm in Deutz) und schließlich sogar »Ernie und Bert« (das Tünnes und Schäl-Denkmal). Außerdem begegneten wir einem Fotografen, der sich gerade den Wasserspeiern am Kölner Dom widmete.
Mit diesen Eindrücken kehrten wir zurück nach Bergisch Gladbach und gestalteten dort unseren eigenen orange-pinkfarbenen Dom aus Karton in Kindergröße. Er bekam zwei Schultüten als Spitzen, sakrale Fenster und 16 kleine Wasserspeier, die so verschieden und einzigartig wurden, wie die kleinen Künstlerinnen und Künstler, die sie geschaffen haben: eine Quietscheente mit Zauberwatte-Wasser, rosa Plastikflaschen mit blauer Zunge, Geier mit Feuerwasserspucke, Holz- und Pappbauwerke. Mit entsprechend viel Stolz wurden die kreativen Wasserspeier am bunten Dom befestigt. Das herbstliche gemeinsame Frühstück fand aus diesem Anlass im Schatten dieses Kunstwerkes auf unserer »Domplatte« draußen unterm Baum statt.
Unser zweiter Ausflug nach Köln war ganz dem Dom gewidmet. Mit allen Sinnen bestaunten die Kleinen das Original und ertasteten den Boden mit ihrem ganzen Körper. Auch dieses Erlebnis inspirierte uns zum Selbst-Produktivwerden. Wir bauten in unserer Kita aus Sand, Kleister und Steinen ein Dom-Mosaik, erstellten eine Bildwand mit Handabdrücken im Dom-motiv und buken Plätzchen mit zwei Spitzen.
Schließlich gingen wir in unserer Stadt auf Dom-Safari. Mit einem eigens gedichteten Dom-Lied, einem Fernglas und einer Treppenleiter ausgestattet, marschierten wir zu einer Anhöhe, von wo aus jedes Kind nach Erklimmen der Leiter eine Dombesichtigung aus der Ferne erleben durfte.
In der Bergischen Bibliothek fanden wir weitere Fachliteratur über den Kölner Dom, eine gute Grundlage für unsere Spurensuche. Mit versiertem Auge und geschärfter Wahrnehmung starteten wir in die Gladbacher Innenstadt, um auch dort nach Wasserspeiern zu fahnden. Und wir entdeckten so einige: Der Wasserhahn mit kurzem Schlauch am Friedhofsbrunnen, Fassadenreliefs, die aussahen wie Wasserspeier, einen »Bock« am Rathausplatz, große Röhren auf dem Dach des Krankenhauses, Springbrunnen… So also sahen unsere lokalen Wasserspeier aus. Sogar beim Toilettengang wurden diverse »Wasserspeier« entdeckt und entleert.
Auf dem Elternabend wurden auch die Erwachsenen für das Projekt begeistert und setzten das Thema auf ihre Weise um. Sie konstruierten aus Holz und Kartons ein wunderschönes Bauwerk.
Selbst die Laternen für den Sankt Martinsumzug stellten im letzten Jahr 16 ganz individuelle, selbst gefertigte Kathedralen dar. Jedes Kind hat jetzt somit einen eigenen Dom mit festlicher Innenbeleuchtung.
Auf unserer nächsten Köln-Exkursion begleitete uns ein Reporter des Domradios auf unserer Foto-Safari durch das gotische Bauwerk. Eines der Kinder su-chte im Dom nach »Josef mit dem gelben Pulli und dem Stock«, ein anderes »eine Mama«. Altäre, Fensterbilder und Böden wurden intensiv ge- und besucht und mit allen Sinnen entdeckt.
Große Begeisterung kam auf, als Felix seinen »Konrad« im Gang beim Dreikönigsschrein fand. »Da ist mein Konrad!«, freute er sich. Er und seine Begleiter legten sich zu Konrad auf den Boden und »kuschelten« mit ihm. So erhielt das Bodenmosaik von Konrad zu Hochstaden, der 1248 die ersten Pläne des Domes in der Hand hielt, eine ganz besondere Würdigung.
Auch Maya wollten »ihrem heiligen Josef« näher kommen und kletterte am nebenstehenden Gitter hoch hinauf, um das imposanten Fensterornament zu erreichen. Wir gaben ihr ein Fernglas zur Hilfe und schon war Josef im Fokus.
Auch wenn wir den internationalen Besuchergruppen im Dom sicherlich und sichtlich oft ein Dorn im Auge waren – das war uns die ganzheitliche Bildung wert! Weitere Exkursionen stehen noch aus: Wir wollen nach »einer Frau Mama auf einem Stuhl mit Kirche auf dem Kopf« suchen, den »Dicken Pitter« entdecken und andere Künstler besuchen, die sich – wie wir – mit dem Kölner Dom beschäftigt haben.
Unsere Künstlerkollegen zeigen nämlich gerade ihre Werke im Wallraf-Richartz-Museum, in der Sonderausstellung »Kathedralen«. Auch sie wurden von dem imposanten Bauwerk zu interessanten Kunstwerken inspiriert – wenn auch nicht zu solch vielfältigen wie unsere Dom-Palette! Ob Monet und Co ebenso viel Freude wie wir am Entdecken und Gestalten hatten, lässt sich schwer sagen.
An Freude und Entdeckerlust hat es unserer jüngsten Gruppe jedenfalls nicht gemangelt. Wieder einmal hat Begeisterung und Wahrnehmungsschärfung uns eine Welt eröffnet, die voller Geheimnisse und Faszination ist. Wir haben eine Sache im Detail angeschaut und in »100 Sprachen«, auf eine ganz einzigartige und komplexe Weise, künstlerisch und inhaltlich umgesetzt.
Durch Begeisterung, Resonanz und Selbstwirksamkeit erfahren die Kinder die Welt mit allen Sinnen und lernen dabei intrinsisch und ganz nebenbei. Ein noch so großes Thema ist für unsere Kleinsten (ein bis drei Jahre!) von allergrößtem Interesse, wenn wir uns mit ihnen begeistern können und mit ihren Augen schauen lernen.
Kontakt
Caritas Kindertagesstätte Ferrenberg
Birgit Schmitz
Ferrenbergstraße 96
51465 Bergisch Gladbach
Telefon: 02202/39 527
E-Mail:
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 03/15 lesen.