Ein Projekt für die Jüngsten
Auch Krippenkinder haben schon Spaß an Projekten. Bei der Themenfindung kommt es vor allem darauf an, durch genaue Beobachtung die aktuellen Vorlieben und Interessen der Kinder zu ermitteln. Petra Ahrens und Monika Klages stellen uns ein Krippenprojekt vor, in dem es rund geht.
In unserer Krippe führen wir seit über fünfzehn Jahren Projekte durch. Die Inhalte bestimmen die Kinder selbst. Noch wichtiger als bei den über Dreijährigen, die dabei schon mitreden können, ist es uns hier, durch sorgfältige Beobachtung der Kinder Projektideen zu entwickeln, die wir über längere Zeiträume durchführen können, ohne dass die Kleinen ihr Interesse und ihre Motivation mitzumachen verlieren. Darum achten wir darauf, womit sie sich selbst beschäftigen, auf welche Spielzeuge, Materialien, Tiere oder Wetterphänomene sie uns aufmerksam machen und registrieren ihre Gestik und Mimik.
Das Projekt »Runde Sachen machen was sie wollen« begann bereits vor fünf Monaten. Wie der Titel vermuten lässt, geht es um das Phänomen des Rollens runder Gegenstände und um die Rotation. Die 15 Kinder unserer Krippe – das Jüngste ist 1;3 Jahre alt, das Älteste 2;6 Jahre – sind von dem Thema immer noch begeistert. Wir führen Projekte oft über mehrere Wochen oder sogar Monate durch, bis wir merken, dass die Kinder nicht mehr so ein treibendes Interesse haben. Während des gesamten Zeitraums haben wir sie und ihre Motivation aufmerksam im Blick.
Wie das Projekt begann
Wir beobachteten, dass die Kinder in jüngster Zeit bevorzugt mit Autos und Bällen spielten. Sie rollten mit Vorliebe Bälle durch den Gruppenraum, ließen Spielzeugautos schiefe Ebenen herunterfahren oder transportierten mit kleinen Lastwagen Gegenstände durch den Gruppenraum. Deshalb reifte bei uns die Idee für ein Projekt zu diesem Themenbereich.
Zu Beginn des Projektes bauten wir ein Spielzelt aus Netzstoff auf und füllten es mit bunten Bällen. In dem so entstandenen Bällebad haben die Kinder jederzeit die Gelegenheit, Bälle mit ihrem ganzen Körper zu erfahren: Sie tauchen zwischen den Bällen und graben sich darin ein, befühlen die Bälle und spüren sie auf der Haut, bewerfen andere Kinder und lassen sich bewerfen. Darüber hinaus stellten wir eine umfangreiche Ballsammlung zusammen – es ist erstaunlich, wie viele verschiedene Sorten von Bällen es gibt. Sie unterscheiden sich nicht nur in ihrer Größe, sondern auch in ihrer Oberflächenstruktur und ihrem Gewicht. Außerdem stellten wir den Kindern viele verschiedene Typen von Spielzeugautos sowie Bilder- und Sachbücher zu dem Thema zur Verfügung.
Immer, wenn wir runde Dinge entdeckten, die sich zum Gestalten, Sortieren, Fühlen oder Spielen eigneten, reihten wir sie in unsere »Sammlung der runden Dinge« auf einem Regal ein. Dort liegen jetzt z.B. Baumscheiben, Schneckenhäuser, Pompons, Kreisel, Kugeln, die einmal zu einer Lichterkette gehört haben, Armreifen, Haarringe und runde Blechdosen.
Mit dem Fotoapparat gingen wir im Gruppen- und im Waschraum auf die Suche nach runden Gegenständen oder runden Formen und fotografierten sie. Was wir da alles entdeckten! Die Räder eines Puppenwagens, Geschirr, einen runden Türgriff an der Toilette, Magnete an der Pinnwand, einen runden »Lichtkegel« im Dach, ein Bullauge auf der zweiten Spielebene, aufgeschnittenes Obst, das Griffloch im Rücken eines Aktenordners, … und natürlich ganz viele Bälle und Autoreifen. Wir ließen unsere Fotografien großformatig entwickeln und stellten daraus ein Plakat her. Das befestigten wir an der Wand hinter dem Regal, auf dem sich unsere Sammlung der runden Gegenstände befindet. Greta entdeckte sofort die abgebildete Tasse aus der Puppenecke, holte die echte Tasse herbei und hielt sie neben das Foto.
Fahrzeuge und Räder
Die Kinder sehen sich in Büchern gerne Abbildungen verschiedener Fahrzeuge an. Manche vergleichen sie sogar schon mit ihren eigenen Spielzeugautos. Das brachte uns auf die Idee, ihnen die Möglichkeit zu geben, eine Collage aus verschiedenen Fahrzeugteilen zu kleben. Wir baten die Eltern, Autozeitungen und Illustrierte mitzubringen. Mit den Kindern schnitten wir Autos und deren Zubehör aus: Räder, Karosserien und Scheinwerfer, um nur einige Beispiele zu nennen. Mit diesen Ausschnitten fertigten wir eine Collage aus Fahrzeugen an. Einige Kinder stellten auch aus den einzelnen Zubehörteilen eigene Autos zusammen.
Bei dem Ravensburger-Puzzle »My first puzzle – Bagger, Traktor und Kipplaster« können die Kinder ebenfalls einzelne Teile zu Fahrzeugen zusammensetzen. Sie lieben es auch, wenn wir gemeinsam Bücher über Autos und verschiedene Fahrzeugtypen anschauen. Eines Tages nahmen sie beim Bilderbuchbetrachten insbesondere die Reifen der Fahrzeuge in den Fokus. Daraufhin untersuchten wir auch die Reifen ihrer Spielzeugautos und der Fahrzeuge für den Außenbereich und vor allem deren Profilmuster. Die Kinder stellten fest, dass verschiedene Reifen unterschiedliche Profile haben. Es entstand die Idee, diese abzubilden. Wir füllten dazu Fingerfarben in eine Schale, legten einen großen Bogen Papier auf den Tisch und schon konnte es losgehen: Die Kinder ließen die Fahrzeuge erst durch die Schale fahren, danach über das Papier. Und siehe da: Jedes Fahrzeug hatte tatsächlich sein eigenes Profil! Es gab dicke Reifen, dünne Reifen, verschiedene Radabstände und verschiedene Muster der Profile. Außerdem entdeckten die Kinder, dass auch sie selbst Muster erzeugen können, je nachdem, welche Wege sie ihr Fahrzeug auf dem Papier fahren ließen.
Auch in gestempelten Kreisen erkannten einige Kinder Räder. Dazu bekamen sie einen mit Stuhlbeinfilz beklebten Korken, tauchten ihn in Fingerfarbe und druckten Kreise auf Papier. Sam sagte: »Reifen«, Fritz erkannte eine Sonne und Sontje fand heraus, dass aus dem Kreis ein Strich wird, wenn man ihn auf dem Papier entlangzieht.
Von der Schnecke zur Kugelbahn
Passend zu unserem Projektthema besorgten wir eine Holzkugelbahn, auf der die Kinder Kugeln herunterrollen lassen konnten. Die Kugelbahn war bei den Kleinen von Anfang an sehr beliebt, deshalb überlegten wir, selbst eine solche Bahn herzustellen. Unsere Sammlung von Schneckenhäusern inspirierte uns, sie spiralförmig zu bauen. In einem Sachbuch fanden wir die Abbildung eines Schneckenhauses aus Pappmaché. Um diese Form nachzuarbeiten, rissen wir zunächst Zeitungspapier in kleine Stücke. Die Kinder hatten viel Spaß dabei, sich mit den Schnipseln zu bewerfen und sie von einem in den anderen Behälter zu füllen. Anschließend mischten wir Kleister unter die Papierschnipsel, um Pappmaché zu erhalten. Aus dieser Masse legten wir eine Schnecke. Jakob erkannte die Form, er sagte: »Schnecke.« Rune zeigte auch darauf und sagte: »Schlange.« Brian und Ella machten sich durch Berühren und Hineindrücken ihrer Finger mit dem Material vertraut. Simon schaute ihnen dabei zu. Dann fingen wir an, die Kugelbahn zu gestalten. Mit einem kleinen Kunststoffeimer als Unterbau wurde das Pappmaché Schicht für Schicht aufgetragen. Diese Aufbauarbeiten dauerten mehrere Tage, da die Masse immer wieder durchtrocknen musste. Zuletzt beklebten wir den Aufbau mit weißem Papier.
Nachdem alles getrocknet war, fragten wir die Kinder: »Welche Farben haben Schnecken?« Wir schauten unsere Schneckenhaussammlung genauer an. Greta meinte: »Ein bisschen Weiß und Gelb.« Wir stellten den Kindern verschiedene Schneckenhausfarben zur Verfügung: Weiß, Gelb, Ocker und Braun. Sie begannen sofort, die schneckenförmige Kugelbahn anzumalen. Als die Farben gut getrocknet waren, wurde die Kugelbahn ausprobiert: Immer wieder ließen die Kinder Murmeln herunterrollen und probierten es auch mit kleinen Spielzeugautos und anderen runden Gegenständen.
An einem anderen Tag stellten die Kinder mit einem Donutmaker runde Kuchenkreise her, die sie sich dann sogleich schmecken ließen. Die Aktion führten wir im Gruppenraum unter reger Beteiligung der Kinder durch.
Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 03/17 lesen.